Politik

Auch 2023 legte die Gesundheitspolitik den Fokus stark auf die Kosten, akzentuiert und oft zugespitzt als Thema in den Wahlkampagnen der Parteien für die eidgenössischen Wahlen. Dabei wurde die Bedeutung der bestehenden qualitativ hochwertigen Versorgung für die Schweizer Bevölkerung im öffentlichen Diskurs vernachlässigt, obwohl sie keineswegs selbstverständlich ist und teilweise durch unüberlegte Gesetzesänderungen sogar gefährdet wird. Gleichzeitig besteht bei Entscheidungsträgern teilweise immer noch ein Mangel an Bewusstsein für die Problematik des Fachkräftemangels und dessen Auswirkungen im Gesundheitswesen. Gelingt es der Schweiz nicht, künftig ausreichend und gut qualifizierte Fachpersonen aus- und weiterzubilden und Ärztinnen und Ärzte im Beruf zu halten, wird die Versorgungslücke gravierend sein. Es ist entscheidend, dass die Gesundheitspolitik den tatsächlichen Nutzen für die Menschen wieder in den Mittelpunkt stellt und attraktive Rahmenbedingungen für eine gute Gesundheitsversorgung schafft. Dafür hat sich die FMH im Jahr 2023 eingesetzt.

Das Jahr 2023 war auch für die ambulante Tarifrevision von grosser Bedeutung. Die finale Version des neuen Arzttarifs TARDOC wurde an die Organisation ambulante Arzttarife (OAAT AG) übergeben, nachdem die vom Bundesrat geforderten Anpassungen zur Kostenneutralität integriert wurden. Die FMH beteiligte sich zudem aktiv am Konsultationsverfahren der solutions tarifaires suisses SA (sts SA) zur Plausibilisierung ambulanter Pauschalen und koordinierte die ärztlichen Anliegen mit den Fachgesellschaften zur Entwicklung von sachgerechten Pauschalen durch eine eigene Taskforce. Anlässlich der Delegiertenversammlung stimmte die FMH der Einreichung der neuen Version 1.3.2 von TARDOC zu und unterzeichnete das Dachschreiben der Tarifpartner zur gegenseitigen Anerkennung der genehmigten ambulanten Tarifstrukturen, während die Mitunterzeichnung des Genehmigungsgesuchs der ambulanten Pauschalen abgelehnt wurde.

Das Wahljahr 2023 prägte das Parlament und endete mit dem Abschluss der 51. Legislatur und dem Abschied von zurücktretenden und nicht wiedergewählten Parlamentarierinnen und Parlamentariern. Vorher wurden unter anderem folgende Vorlagen, die einen Einfluss auf den ärztlichen Alltag haben, beraten:

Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)»

Die Kostenbremse-Initiative der Partei Die Mitte will den Bundesrat und die Kantone verpflichten, eine Kostenbremse im Gesundheitswesen einzuführen. Liegt das Kostenwachstum pro versicherte Person zwei Jahre nach Annahme der Initiative um einen Fünftel über der Nominallohnentwicklung, soll der Bundesrat in Zusammenarbeit mit den Kantonen Kostenbegrenzungsmassnahmen ergreifen, die ab dem nachfolgenden Jahr wirksam werden. Das Parlament hat entschieden, die Kostenbremse Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Gleichzeitig wurden mit dem indirekten Gegenvorschlag Qualitäts- und Kostenziele für das Gesundheitswesen im KVG eingeführt. Der Bundesrat soll alle vier Jahre Vorgaben für die Leistungen gemäss KVG machen. Entscheidend ist: Es sind keine starren Korrekturmassnahmen im Falle einer Überschreitung der Kostenziele festgelegt worden.

Im Weiteren erhalten die nationalen und kantonalen Genehmigungsbehörden erweiterte Kompetenzen für Eingriffe in die Tarifverträge. Neu können der Bund und die Kantone Tarife festlegen, wenn sich die Vertragspartner innerhalb eines Jahres nicht auf die Anpassung veralteter Tarife einigen können. Darüber hinaus können die kantonalen Behörden differenzierte Tarife für spezifische medizinische Fachgebiete oder Leistungserbringergruppen festlegen. In der Differenzbereinigung wurden dem Bundesrat schliesslich auch subsidiäre Kompetenzen bei den Tarifen für stationäre Behandlungen eingeräumt. Ausgeräumt wurden im Zuge der Debatte hingegen die Einführung der Vertragsfreiheit bei den Laboranalysen sowie Eingriffe durch den Bundesrat beim TARMED (Übergangsbestimmungen). Die Mitte hat die Volksinitiative trotz Gegenvorschlag nicht zurückgezogen, deshalb findet im Jahr 2024 eine Volksabstimmung darüber statt.

Kostendämpfungspaket 2

Das Parlament hat im Jahr 2023 die Debatte über weitere kostendämpfende Massnahmen weitergeführt, aber noch lange nicht abgeschlossen. Die beiden zentralen Vorschläge des zweiten Pakets sind der neue Leistungserbringer «Netzwerke zur koordinierten Versorgung» und die Verankerung von Preismodellen insbesondere für teure medikamentöse Therapien auf Gesetzesebene. Nach der massiven Kritik am neuen Leistungserbringer im Rahmen der Vernehmlassung sowie anlässlich des Hearings im Oktober 2022 hat die vorberatende Gesundheitskommission des Nationalrates (SGK-N) die Verwaltung beauftragt, einen runden Tisch zu den Netzwerken zur koordinierten Versorgung durchzuführen. An drei runden Tischen hat die Verwaltung den zusätzlichen Leistungserbringer verteidigt, anstatt ergebnisoffen nach Lösungen zu suchen, wie die koordinierte medizinische Versorgung gestärkt werden kann – ohne die zielführende kontinuierliche «bottom-up»-Entwicklung sowie die bestehenden integrierten Versorgungsmodelle zu gefährden. Dies wurde von der SGK-N anerkannt und aufgenommen. Auf ihre Empfehlung hin sprach sich der Nationalrat in der Herbstsession 2023 gegen den neuen Leistungserbringer aus. Danach setzte sich die Gesundheitskommission des Ständerates (SGK-S) mit der Vorlage auseinander – sie liebäugelt trotz der breiten Kritik mit dem neuen Leistungserbringer.

Zudem sollen gemäss dem Nationalrat im Rahmen der KVG-Änderungen Apothekerinnen und Apotheker zukünftig erweiterte Leistungen in Beratung und Prävention abrechnen können, und auch Hebammen sollen mehr Kompetenzen erhalten. Die neuen Vorgaben umfassen auch aktualisierte Rechnungsstellungsvorgaben, Förderung der Digitalisierung durch Gleichsetzung von digitalen und physischen Versichertenkarten, Einführung von Preismodellen für hochpreisige Medikamente sowie ein neues Vergütungsmodell für rasch verfügbare Medikamente. Versicherer sollen zudem die Befugnis erhalten, Versicherte über bezogene Leistungen und mögliche Präventionsmassnahmen zu informieren und Informationen an Leistungserbringer weiterzugeben.

EFAS

Nach 14 Jahren Debatte verabschiedete das Parlament im Dezember 2023 schliesslich die parlamentarische Initiative von Ruth Humbel «Finanzierung der Gesundheitsleistungen aus einer Hand. Einführung Monismus» – besser bekannt unter der Abkürzung «EFAS» (Einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen). EFAS ist als umfassende Finanzierungsreform sehr komplex und wurde während der parlamentarischen Beratung mit zusätzlichen Anliegen erweitert – von der Regulierung der Ärztezulassung bis hin zum Einbezug der Pflege.

Die Vorlage ist von grosser Bedeutung, da dank EFAS die zunehmende Belastung der Kopfprämien vermieden und grosse Effizienzpotenziale im Gesundheitswesen ausgeschöpft werden können. EFAS ermöglicht dies nicht nur ohne die Versorgungsqualität zu beeinträchtigen – EFAS lässt sogar eine verbesserte Versorgungsqualität erwarten, weil die Weiterentwicklung der integrierten Versorgung gefördert würde. Widerstand kam bis zum Schluss vom Gewerkschaftsbund und von den Verbänden des Pflegepersonals. Ob das Referendum des VPOD trotz der deutlichen Annahme im Parlament zustande kommt, wird sich im Frühjahr 2024 zeigen.

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